Gedenktage

2. August: Internationaler Gedenktag der Sinti und Roma

2. August 1944: Der 2. August ist Internationaler Roma-Gedenktag. Dies ist der Tag, an dem bei der "Liquidierung" des sogen. "Zigeunerlagers" rund 2900 Sinti und Roma (Kinder, ihre Mütter, alte und kranke Menschen) in den Gaskammern ermordet wurden, darunter Anton Köhler.

 

Nicht verwechseln mit dem Roma-Tag, dieser ist am am 8. April. An diesem Tag feiern Sinti und Roma in aller Welt, dass am 8. April  1971 der erste internationale Roma Kongress in London stattfand, der zur Gründung der International Romani Union (Romano Internacionalno Jekhethanibe) führte, somit ein positiver Anlass. Dieser Kongress lehnte die diskriminierende Fremdbezeichung durch das Wort "Zigeuner" ab und beschrieb das Ziel der Emanzipation der Sinti und Roma auf der lokalen, regionalen, nationalen und internationalen Ebene.

9. November: Reichspogromnacht/Novemberpogrome

9. November 1938: Bei den Novemberpogromen im Jahr 1938, auch "Reichspogromnacht" genannt, kam es im Deutschen Reich in der Nacht vom 9. auf den 10. November reichsweit zu vom NS-Regime organisierten Übergriffen gegen Juden und jüdische Einrichtungen, bei denen unter anderem die Synagogen in Brand gesteckt oder demoliert wurden, aber auch Juden und Menschen, die gemäß der NS-Ideologie als "Juden"  eingestuft wurden, ermordet wurden oder in so genannte "Schutzhaft" kamen, d.h. in Konzentrationslager, wie auch deren Eigentum beschädigt oder zerstört wurde.

27. Januar: Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus 

Am 27. Januar ist in Deutschland der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Somit sind in Deutschland alle Opfer des Nationalsozialismus mit einbezogen.

 

International ist am 27. Januar der Holocaust-Gedenktag, dies haben die Vereinten Nationen eingeführt.

 

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und die beiden anderen Konzentrationslager in Auschwitz.

 

Der Jom haScho’a in Israel ist hingegen am 27. Nisan. In diesem Jahr (2016) ist der 27. Nisan am 5. Mai.

 

Besondere Bezüge der Befreiung von Auschwitz zu Nürtingern:

 

Dort waren 1,2 Millionen „Deportierte“  aus ganz Europa....ermordet worden. 

Eines dieser Opfer war der in Nürtingen geborene Junge Anton Köhler, der, weil er ein Sinto war, im Alter von knapp 12 Jahren in der Nacht zum 3. August 1944 zusammen mit über 2800 Sinti und Roma in den Gaskammern von Auschwitz ermordet wurde.

Der aus Bissingen/Teck stammende Wilhelm Weißburger, ein in einer sog. Mischehe lebender „Jude“, der sich hatte taufen lassen, wurde auf Betreiben der zuständigen Nürtinger Behörden verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde, vermutlich am 19. Januar 1943.

Zum Zeugen der Grauen erregenden Zustände in dem KZ Auschwitz- Birkenau in den letzten Tagen, ehe die Rote Armee Auschwitz erreichte, wurde der Nürtinger Karl Gerber. Als politischer „Schutzhäftling“ hatte er von 1939 bis Januar 1945 die Höllen der KZ s in Dachau und Ravensbrück durchlebt und überlebt. Am 13. Januar 1945 wurde er von Ravensbrück als Schwerstkranker dem SS Sonderkommando Dirlewanger überstellt, das die Auflösung des Vernichtungslagers Auschwitz vor dem nicht mehr aufzuhaltenden Vorrücken der Roten Armee mit voranzutreiben hatte und in Partisanenmanier gegen die Russen kämpfen sollte. In Ergänzung zu seinem „Lagerbuch“, in dem Gerber seine Erlebnisse und seine persönliche Entwicklung während der Zeit seines „Ausgestoßenseins und dem Verderben Überlassensein“ niedergeschrieben hat, schilderte er in einem gesonderten Dokument seine Beobachtungen des Gesehenen und Gehörten während der Evakuierungs- und Auflösungsphase von Auschwitz zwischen dem 17. bis 20. Januar 1945.  Er gab diesem Dokument den Titel „Auschwitz in den letzten Stunden“. Er beschreibt in gehetztem Duktus zusammengedrängt  was er sah, hörte und spürte und gleichzeitig reflektierte. Wie fünfzehntausend Häftlinge, Männer und Frauen mit Kindern lärmten,  erregt sich ordneten, suchten, schrien, Kinder schleppten, sich durch die Gassen drängten zu den Schlagbäumen, getrieben von Schlägen und Tritten, „um diese scheußliche Stätte des Frierens und Grauens endlich verlassen zu dürfen“, wenngleich es Todesmärsche waren auf die sie geschickt und „bewacht  wurden von den SS- Begleitmannschaften mit ihren schussbereiten Karabinern im Anschlag“. Zurück blieben „ fünfzehnhundert  Kranke und Invalide“. Noch ein Tag und eine Nacht waren zu überstehen von Karl Gerber in der schrecklichen Ungewissheit, welches Kommando sie, die dem Dirlewanger- Trupp Zugewiesenen, erwartete. Eine „ungeheuerliche  Befürchtung, gegen die zurückbleibenden  Häftlinge bewaffnet eingesetzt zu werden, schien möglich“. Der Lagerkommandant Hessler schien keinen wirklichen Bezug mehr haben zu dem, was um ihn herum geschah.  Mit Koppel und aufgesetztem Stahlhelm, lächelnd, ließ er alles an sich vorüberziehen. Verrückte  Bilder reißt Gerber an: eine „unifomierte SS-Dirne“ springt wie ein Kind über die auf dem Boden liegende Leiche eines Häftlings hin und her. „Ein Spiel, das die Kinder im Frühling in den Gassen übten. Sollte es ein Spaß und Spötteln wider den Tod sein? Es war eine Geste wider das menschliche Gefühl“, schrieb Gerber. 

Am Abend in der Dunkelheit wurden die Menschen von einem Luft- und Bombenangriff heimgesucht. Er schreibt: „Man wußte nicht, wo die Maschinen flogen. Die Gefahr war da, und man konnte sich dem Fürchten nicht entziehen. Ich legte mich in einen schneegefüllten Graben, und das höllische Konzert begann". Nach dem Ende des augen- und ohrenbetäubenden Angriffs warteten die Häftlinge, die zum Sonderkommando Dirlewanger abkommandiert waren, „stundenlang auf dem Bahnsteig“. Um Mitternacht endlich bestiegen sie  einen überfüllten Zug, ohne zu wissen, wohin sie ihr Weg führen sollte. „Irgendwohin. Nur nicht nach Hause.“ So endet der Bericht Karl Gerbers über seine Tage und Nächte in Auschwitz. 

 

Wenig später gelang Karl Gerber die Flucht und Desertation, die ihn in russische Gefangenschaft führte. Im August 1945 kam er nach sechs Jahren KZ- Haft und russischer Gefangenschaft  zu Fuß völlig entkräftet und schwer krank wieder nach Nürtingen.

 

Barbara Dürr