„Verlegt“ an einen unbekannten Ort – Karl Christian Mack

von Anne Schaude, Nürtingen

Erinnerung an die Nürtinger "Euthanasie"-Opfer, gestaltet von Schülerinnen des Max-Planck-Gymnasiums Nürtingen, Foto: Manuel Werner
Erinnerung an die Nürtinger "Euthanasie"-Opfer, gestaltet von Schülerinnen des Max-Planck-Gymnasiums Nürtingen, Foto: Manuel Werner

Im Frühjahr 1886
wurde Karl Christian Mack in Nürtingen geboren (1). Seine Eltern waren Johann Gottlieb, ein Gerbermeister, und Christiane Katharine Mack (2). Erwachsen geworden, übte Karl Mack den Beruf des Monteurs aus. Unter anderem war er im Nürtinger Zementwerk tätig (4).

1912
heiratete er die Nürtingerin Berta Maria (4).

Ab August 1914
nahm Karl Mack als Vizefeldwebel und Offiziersstellvertreter im Infanterie-Regiment 413 am Ersten Weltkrieg teil (5).

Nach dem Ersten Weltkrieg
war er Mitglied im Deutschen Arbeiterbund und in der Baugenossenschaft „Selbsthilfe“. Er kandidierte 1919 für die SPD bei der Nürtinger Gemeinderatswahl und errang den fünften Platz. Die ersten drei Platzierten erhielten einen Sitz im Gemeinderat (4).

Seit Mitte der 1920er Jahre
war Karl Mack als Monteur bei Kleemanns Vereinigten Fabriken in Obertürkheim tätig (6). Hier wurden zu dieser Zeit vor allem mobile Brech- und Siebanlagen für die Gesteinsaufbereitung hergestellt. 1920 waren im Betrieb etwa 200 Mitarbeiter tätig (7).

Ab April 1937
wurde er in der Nervenklinik Tübingen stationär behandelt (6).

Im Juni 1937
kam er von dort in die Staatliche Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten (2). Karl Mack war zu dieser Zeit 51 Jahre alt.

 

Auschnitt der steinernen Schwelle der Gedenkstätte Grafeneck, Foto: Anne Schaude
Auschnitt der steinernen Schwelle der Gedenkstätte Grafeneck, Foto: Anne Schaude

Am 05. 08. 1940
wurde er erneut „verlegt“, dieses Mal an einen unbekannten Ort (2). Angeblich starb er am 26. 08. 1940 im sächsischen Sonnenstein; tatsächlich war er jedoch einige Tage zuvor, vermutlich in Grafeneck, ermordet worden (1/287) Karl Mack wurde 54 Jahre alt.

In der Opferdatenbank der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein ist sein Name nicht zu finden (3).  Es handelt sich hier um den damals gängigen Aktentausch, der praktiziert wurde um die Morde zu vertuschen. Um Nachforschungen von Angehörigen zu unterbinden, gehörten systematische Täuschungsmanöver und Verfälschungen von Ort und Zeitpunkt der Tötungen zum Alltag in den Tötungsanstalten. Nicht nur die Opfer selbst, sondern auch die Erinnerungen an sie, sollten gründlich ausgelöscht werden.

Lt. Statistik wurden im August 1940 in Grafeneck 1.411 Menschen vergast, im gesamten Jahr 1940 waren es etwa 10.000 Menschen. (Quelle: Dokumente zur Euthanasie, Hrgb. Klee, Ernst, ISBN 978-3-596-24327-3, S. 232f)


Karl Christian Mack
hat hier seinen Platz der Erinnerung gefunden.

Es darf nie wieder geschehen,
dass die Diagnose auf einem Krankenblatt
über den Wert oder Un-Wert eines Menschenlebens
entscheidet.

Ermordet in Grafeneck, Detail eines Stolpersteins, Foto: User:Enslin, Lizenz:  Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Detail eines Stolpersteins, Foto: User:Enslin, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

"Das Gedenken braucht einen Ort."

 

Am Eingang zur Gedenkstätte Grafeneck nennt eine in die Erde eingelassene steinerne Schwelle die Namen der vierzig süddeutschen Orte, aus denen die Menschen zur Tötung hierher gebracht wurden.

 

In der Regel sind auf diese Weise die "Anstalten" genannt, aus denen die Ermordeten herbeigeschafft wurden.

Quellen:


1. R. Tietzen (Hrsg.), Nürtingen 1918 bis 1950, Nürtingen/ Frickenhausen: Sindlinger-Burchartz, 2011
2. StALB: F 235 III, Bü 517
3. August 2013, Auskunft Dr. Boris Böhm, Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein
4. StANT, Auskunft Herr Tietzen, Oktober 2013
5. StANT: Eisernes Buch der Stadt Nürtingen 1921, S. 34
6. StANT: Gemeinderatsprotokoll vom 25. 06. 1937
7. http://de.wikipedia.org/wiki/Kleemann GmbH
Im Jahr 2016 stimmten die Nachfahren vom Karl Mack der Ent-Anonymisierung seines Familiennamens zu.

 

Text: Anne Schaude, Stand: 2018, alle Rechte vorbehalten!

Zitiervorschlag: Anne Schaude (2013): „Verlegt“ an einen unbekannten Ort – Karl Christian Mack, in: Nürtinger Opfer nationalsozialistischer Verfolgung.

Website der Gedenkinitiative für die Opfer und Leidtragenden des Nationalsozialismus in Nürtingen: http://ns-opfer-nt.jimdo.com, abgerufen am: XY.YX.20XY.

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